Kunst und Bau des Basler Bildhauers Pawel Ferus im Primarschulhaus Hirzbrunnen

Im Zusammenhang mit der Sanierung des Primarschulhaus Hirzbrunnen wurden 2012 vom Kunstkredit Basel-Stadt, in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt des Bau- und Verkehrsdepartements, fünf Künstlerinnen und Künstler zu einem Wettbewerb eingeladen. Gesucht wurde eine künstlerische Intervention für den neuen Eingangsbereich der Schule. Die Jury empfahl das Projekt des Künstlers Pawel Ferus zur Ausführung. Die öffentliche Einweihung der im vergangenen Jahr realisierten skulpturalen Arbeit findet am 19. August 2015 statt.

Das Primarschulhaus Hirzbrunnen wurde 1956/57 von Vischer Architekten entworfen. Der schlichte, winkelförmige Bau umfasst an die 30 Klassenzimmer, Spezialräume sowie einen Turnhallentrakt und spannt zweiseitig einen grosszügigen Pausenhof auf. Die Einführung von Integrationsklassen und Tagesstrukturen, die Schulharmonisierung sowie eine anstehende Sanierung der Anlage führten 2012 bis 2014 zu einem grösseren Umbauprojekt. In diesem Zusammenhang wurde vom Kunstkredit Basel-Stadt, gemeinsam mit dem Hochbauamt, ein Kunst-und-Bau-Wettbewerb durchgeführt, den der Basler Bildhauer Pawel Ferus für sich entscheiden konnte. Er platzierte im vergangenen Jahr seine siebenteilige Arbeit „Al dente“ aus Beton in der neu erstellten Eingangshalle. In grösstmöglicher Entspanntheit kommentieren die liegenden, lehnenden, hingeworfenen Zahlen – es handelt sich um die Ziffern 1 bis 6 – ihr an sich strenges Regime mit einem Augenzwinkern.

Künftig wird auch die Basler Primarschule von der 1. bis zur 6. Klasse geführt werden. Diese Tatsache ist an sich nicht spektakulär, stellt man sich aber das stark vom schulischen Alltag strukturierte Zeitempfinden eines Kindes zwischen dem sechsten und zwölften Lebensjahr vor, wird mit der Verschiebung des Stufenwechsels ein Lebensabschnitt verlängert. Immer noch wird die erste Schuletappe mit einer Eins anfangen. Die Sekundarstufe beginnt jedoch neu erst nach der Sechs, an der Grenze zur Pubertät, im Alter von zwölf oder dreizehn Jahren. Von Eins bis Sechs bezeichnet nicht nur den Lauf der Klassen, sondern auch die Skala, mit welcher erzielte schulische Leistungen bewertet werden. Eine Sechs ist erfreulicher als eine Zwei, eine Vier genügend, nicht aber eine Drei. Schon früh etabliert sich diese rigide Ordnung der Quantifizierung von Leistung in unseren Köpfen und bestimmt unser Urteil. Ob beim Fussballspiel oder in der Matheprüfung, bei Quartalszahlen oder Steuerrechnungen, das Resultat, die Summe oder die Differenz entscheiden über die Zielerreichung und die Bewertung. Die Bemessung von Qualität durch Skalen erzeugt eine Realität, in der wir uns an „Ziffern“ orientieren und in Relation zu ihnen bewähren können und müssen.

Mit „Al dente“, sechs in Beton gegossenen Ziffern, die sich in ihren Dimensionen an der ungefähren Körpergrösse von Primarschülern orientieren, spielt Pawel Ferus auf die Relativität der quantifizierenden Zeichen an. Wie „weichgekochte Ordnungshüter“ liegen sie übereinander, lehnen aneinander oder an der Wand und haben die Essenz ihres Wesens, die Reihenfolge, sprichwörtlich „über den Haufen geworfen“. Zur Formfindung und Komposition verwendete der Künstler elastische Modelle aus Vinamold. In einem aufwändigen, mehrstufigen Modell- und Vergrösserungsprozess erarbeitete Pawel Ferus die 300 bis 500 Kilogramm schweren Betonskulpturen, die nun auch als Kletter- oder Sitzgelegenheit genutzt werden können. Jede Zahl verhält sich etwas anders und ihre Biegsamkeit deutet an, dass sie sich potenziell auch in Bewegung setzen könnten. Die Ziffern werden so aus ihrer Starre und Rigidität befreit und zu einem Faktor, der sich relational definiert. Dem Bildhauer gelingt es, dem Schweren eine Leichtigkeit zu geben.

Pawel Ferus (*1973 in Nysa, Polen) lebt und arbeitet in Basel. Seine Skulpturen und Installationen sind regelmässig in Ausstellungsräumen in der Schweiz und darüber hinaus zu sehen.

Einweihung in Anwesenheit des Künstlers und Medienorientierung
19. August 2015, 17.00 Uhr im Schulhaus Hirzbrunnen, Zu den Drei Linden 70, 4058 Basel

Hinweise:

Weitere Informationen: www.pawelferus.com

Die Bilder dürfen nur mit folgendem Nachweis verwendet werden:
Foto: Serge Hasenböhler

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